Mitarbeiterabbau als Allheilmittel in Unternehmenskrisen?
Seit 6 Monaten ist bekannt, dass bis zum Jahr 2010 im Siemens-Konzern 1,2 Milliarden Euro eingespart werden sollen. Findige Journalisten haben das damals in Arbeitsplätze umgerechnet und kamen auf einen Abbau von 12.000 Stellen. Herr Löscher qualifizierte dies als pure Milchmädchenrechnung ab. Seit in der letzten Woche mit einer Zahl von 17.000 Stellenstreichungen die Katze aus dem Sack gelassen wurde, wissen wir allerdings, dass diese Kalkulation noch viel zu optimistisch war. Wie konnten sich hochkarätige Wirtschaftsjournalisten mit ihren Milchmädchen-Rechenkünsten nur so verrechnen?

Doch nicht nur das Unternehmen hat in diversen Gremien und Projektgruppen über die Umsetzung beraten, nein, dank der schleppenden Informationspolitik haben sich auch 430.000 Siemens-Mitarbeiter gefragt, wie es wohl weitergeht und wer von den Einsparungen betroffen sein wird. Als schließlich auch das Unternehmen erkannt hatte, dass unter der Unsicherheit die Produktivität leidet, kam prompt die Motivations-E-Mail von Herrn Hiesinger, nicht das Geschäft aus den Augen zu verlieren. Wir halten dies für falsche Signale aus der Leitung: Androhung von Kündigung und gleichzeitig Antreiben zu Höchstleistungen. Das passt nicht!

Ein weiteres falsches Signal kam schließlich auch von Herrn Löscher mit seiner Einstellung gegenüber deutschen Führungskräften, Managern und Projektleitern, von denen wir wohl zu viele haben in Bezug auf den Anteil der Auslandsgeschäfte. Deutsche Ingenieure sorgen aber nach wie vor für Wertschätzung "Made in Germany" im Ausland. Der Besuch deutscher Siemens-Experten galt bislang bei vielen ausländischen Kunden als Adelung des Geschäfts… sollte sich dort soviel geändert haben in der letzten Zeit?

In einer Krise gleich an Personalabbau zu denken, ist typisch für Siemens. Dabei sind unsere Probleme seit Jahren hinlänglich bekannt (Tools, Prozesse, Produkte)! 10 Jahre kauen wir bereits auf manchen dieser Themen herum, viele bekannte Probleme werden nach wie vor nicht offensiv angegangen bzw. konsequent zu Ende geführt. Nun folgt fantasieloser Personalabbau statt kreativer Lösungen.

Die wichtigste Frage der nächsten Wochen und Monate wird es sein, ob die geplanten Maßnahmen wirtschaftlich abgesichert, begründbar und vor allen Dingen erfolgversprechend (im Sinne einer Sicherung und Ausweitung unseres Geschäfts) sind. Oder ist dieses Vorgehen purer Aktionismus und "Aktionärskonfetti"? Wir hoffen, dass der Gesamtbetriebsrat die Maßnahmen im Konzern kritisch hinterfragt; wir hier in Braunschweig versprechen Ihnen, uns mit ganzer Kraft in dieser Thematik einzusetzen.

Gerade jetzt ist es wichtig, nicht resigniert den Kopf hängen zu lassen, denn noch ist nichts endgültig entschieden! Es gibt noch viele unerschlossene Möglichkeiten, ohne Stellenabbau Einsparungen zu erreichen. Ob Mitarbeiter oder Führungskraft, treiben Sie weiterhin Innovationen und Verbesserungen voran und lassen Sie nichts im Sande verlaufen - nutzen Sie dabei konsequent unser 3i-Wesen. Haken Sie nach! Mischen Sie sich ein!

Eine Einsparung drängt sich geradezu auf: Weitestgehendes Abschaffen von PowerPoint, denn statt gemalter Foliendollars brauchen wir verantwortliche Führungskräfte, die tatsächlich entscheiden und umsetzen! Die Aufgabe besteht nicht darin, die Arbeit zu beschreiben, sondern Entscheidungen konsequent und mit Rückhalt der Leitung umzusetzen. Und bei manchen dieser Entscheidungen wird trotz aller Absicherungen ein kleines Erfolgsrisiko verbleiben, das wir aber eingehen müssen und das nicht sofort deftige gehaltliche Einbußen für den Entscheider bedeuten darf.

Noch etwas: Der Erfolg einer Firma hängt immer noch mit der Identifikation mit unserem Unternehmen zusammen. Wer diesen credit leichtfertig verspielt, dem fehlt auch die Vision, etwas wirklich Großes gemeinsam zu schaffen!

Zurück zur übersicht



© Copyright www.AUB-Braunschweig.de 2000-2012 --- Impressum